Ein guter Tag für den Kapitalismus

Nach meinem Vorstellungsgespräch mit den Kapitalisten bin ich nun wieder eine Runde weiter. Ich frage mich noch immer wieviel Idealismus ich mir leisten kann [1] und ob mir das gefällt, aber was ist die Alternative? Mit meinem Studium weiß ich zu wenig anzufangen. Es war spannend, aber leider hatte ich damals gar keine Ahnung, mit welchen Spezialisierungen ich eine Anstellung finden könnte.

Dann wurde der Mietendeckel [2] von Berlin gekippt. Auch wenn der Deckel mich persönlich nicht betrifft, blutet mir mein sozialistisches Herz. Mit dem Mietdeckel geht die letzte Errungenschaft im Klassenkampf. Es schmerzt einfach, dass offenbar eine Landesregierung machtlos ist gegen die Spekulanten. Das Urteil besagte nur, dass eine Mietenbegrenzung eine Frage des Bundes wäre, weil es auch schon die Mietpreisbremse gibt. Dass diese nicht bremst, scheint dabei vollkommen egal zu sein.

Heute war offenbar ein guter Tag für die Kapitalisten und ich tu mich immer noch schwer damit, dass ich zu der Zusammenarbeit mit ihnen mich genötigt fühle. Klar, ich könnte versuchen als Paketbote weniger Verantwortung für diese Strukturen zu übernehmen, damit ich nach dem Zusammenbruch des Kapitalismus eine reinere Weste habe, aber mich würde diese stumpfe Tätigkeit in den Wahnsinn treiben. Ich würde auch keine Pakete ausliefern wollen, wenn es besser bezahlt werden würde. Ich bin sinnessüchtig und möchte etwas tun, wo ich auch Entscheidungen treffen kann und meinen Kopf benutzen kann [3].

Und doch fühle ich mich wieder wie ein Überläufer, der seine Fahne nach den Wind hängt. Wenn der Sturm von vorn kommt, gehe ich einen Schritt zurück. Meine Angst wächst, wenn meine Maßnahme endet. Zwar kann ich dann wieder freier meine Zeit einteilen, aber ich fand es gut, dass ich immer leicht geschubst wurde und Bewerbungen geschrieben habe. Zudem kam ich selbst in Coronazeiten noch einmal raus. Ich will, dass es passiert. War das schon alles hier? Im Guten, im Bösen. Ich trag beides in mir. Egal, was kommt, es soll gescheh’n. Ich will dem Sturm ins Augen seh’n. Im Guten, im Bösen. Ich trag beides in mir [4].

Weitere Informationen

[1] https://uberlaufer.wordpress.com/2021/04/16/was-kostet-idealismus/

[2] https://uberlaufer.wordpress.com/2021/04/15/ohnmacht-der-landesparlamente/

[3] https://uberlaufer.wordpress.com/2021/02/11/arbeit-neu-gedacht/

[4] https://www.songtexte.com/songtext/eisbrecher/im-guten-im-bosen-g43b8bb5f.html

Veröffentlicht von Überläufer

Jeden Tag um 17.00 wagt sich das Überläuferli wieder auf das Nussbaumparkett der Dekadenz. Wenn ihr tanzen wollt, zieht eure Schlittschuhe aus und genießt.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten